Glauben gelte heutzutage nicht wenigen Menschen als abseitig, kommentierte die Thüringische Landeszeitung am Tag nach der Eröffnung des 103. Deutschen Katholikentages. Das große Glaubensfest vom 29. Mai bis 2. Juni 2024 in Erfurt sei Anlass, das Herz zu öffnen und sich berühren zu lassen, so das Blatt. Unter den über 20.000 Teilnehmenden waren auch einige Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.
Biblisches Leitwort
Die Aussage „Zukunft hat der Mensch des Friedens“ aus den Psalmen diente als Leitwort des Katholikentages in Erfurt – dem ersten solchen Treffen in einem mitteldeutschen Bundesland nach 2016 in Leipzig. Der soziale Frieden in Thüringen, Deutschland und Europa sowie der Wunsch nach Frieden in der Welt wurden zum Refrain der Zusammenkunft.
„Der vielfältige Dienst von Christen gehört zu dem, was unsere ganze Gesellschaft trägt und zusammenhält“, zeigte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung des Katholikentages überzeugt.
Der Erfurter Bischof Dr. Ulrich Neymeyr mahnte beim Fronleichnamsgottesdienst, man dürfte sich nicht entmutigen lassen, auch wenn der Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden im gesellschaftlichen und politischen Raum mitunter auf Ablehnung stoße: „Gerade jetzt braucht es unseren Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit, denn Zukunft hat der Mensch des Friedens.“
Am Freitagnachmittag wurde im Rahmen des Katholikentages durch den Kölner Bildhauer Gunter Demnig der erste sogenannte „Stolperstein“ in der Stadt Erfurt verlegt. Er erinnert an das Schicksal des jüdischen Kaufmannes Karl Klaar, der 1940 in Bernburg ermordet wurde. „Stolpersteine“ sind kleine Betonquader mit Messingtafel, die jeweils vor der letzten freiwilligen Wohnstätte von Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in den Bürgersteig eingelassen werden.
Kein „Heimspiel“
Ein Katholikentag in Thüringen sei kein „Heimspiel“, meinte Dr. Irme Stetter-Karp bei der Eröffnungspressekonferenz am Mittwoch. Lediglich ein Viertel der Bevölkerung bezeichne sich dort als christlich, nur etwa sieben Prozent der Menschen sei katholisch, stellte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken fest.
Bei Begegnungen im Schatten des Erfurter Domes ließen sich Einheimische von Gläubigen mit umgehängten orange-lilafarbenen Schals dann auch erklären, was es mit dem Katholikentag auf sich habe. Der Katholikentag sei keine Veranstaltung der Amtskirche, so erfuhren sie, sondern ein Forum für Laien mit Gottesdiensten, Diskussionen und Mitmachaktionen.
Katholikentag: nicht nur für Katholiken
Mitmachen könne jeder, betonten Verantwortliche in Erfurt auf Bühnen und Kanzeln wiederholt. Papst Franziskus stellte in einer schriftlich übermittelten Botschaft hervor, dass der Katholikentag auch ein Ort des ökumenischen Miteinanders und des interreligiösen Dialogs sei. Es brauche „die Zusammenarbeit mit allen Menschen guten Willens, die bereit sind, an einer friedlichen Zukunft zu bauen.“
So verwundert es nicht, dass sich an zahlreichen der rund 500 Einzelveranstaltungen des diesjährigen Katholikentages Vortragende unterschiedlicher Konfessionen und Religionen beteiligten. Auf einem Podium mit dem Titel „Kein Frieden ohne Frieden unter den Gläubigen“ saßen ein Katholik, eine Protestantin, ein Jude, ein Muslim, eine Buddhistin und eine Baháʼí.
Auf der Kirchenmeile präsentierten sich an über 250 Ständen in der Innenstadt nicht nur katholische Gremien, Orden und Institutionen, sondern auch andere christliche Kirchen sowie zivilgesellschaftliche Organisationen.
Was machen Heilige der Letzten Tage beim Katholikentag?
Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage versteht sich als Wiederherstellung der christlichen Urgemeinden und betrachtet Gläubige aus evangelischen, katholischen sowie orthodoxen Kirchen mit mitchristlicher Verbundenheit. Sie engagiert sich im interkonfessionellen und interreligiösen Dialog.
Wie seit vielen Jahren bei Katholikentagen und evangelischen Kirchentagen waren auch in Erfurt Heilige der Letzten Tage vor Ort. Sie besuchten Veranstaltungen, führten Gespräche und nahmen an den Empfängen politischer Parteien und Stiftungen anlässlich des Katholikentages teil.
Elder Markus Zarse, Siebziger der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage im Gebiet Europa Mitte, übermittelte über das Internet Grüße und Segenswünsche.
Die Gemeinde Erfurt der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage lud Teilnehmende am Katholikentag am Freitag zu einem musikalischen Abend unter dem Bibelwort „Mein Erlöser lebt“ in ihr Gemeindehaus an der Hochheimer Straße ein. Junge Gläubige trugen klassische und moderne geistliche Musik sowie Texte aus den heiligen Schriften vor, darunter Werke von Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, John Rutter und Janice Kapp Perry. Dabei wechselten sich Gesangsvorträge mit Instrumentalstücken mit Cello und Saxophon ab, jeweils mit Klavierbegleitung. Jeder Klang und jede Aussage vermittelten Vertrauen in Jesus Christus als Sohn Gottes und Erretter der Welt.
Ausblick
Beim Schlussgottesdienst am Sonntag sprach der Limburger Bischof Dr. Georg Bätzing: „Wir werden den Krisen, die unser Zusammenleben und die Zukunft unserer Erde bedrohen, eher etwas entgegenhalten können, wenn wir den entspannten langen Atem des Vertrauens auf Gott mit einbringen.“
Der nächste Katholikentag ist für 2026 in Würzburg geplant. Bereits im kommenden Jahr findet der Deutsche Evangelische Kirchentag in Hannover statt.