Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat das "Bloggernakel" entdeckt. Dieser Fund war der großen deutschen Tageszeitung in ihrer heutigen Ausgabe (6. Juni 2012) eine ganze Seite wert. Das Gerücht von der Geheimreligion löst sich auf. Jeder, der wolle, könne im Leben der Mormonen stöbern, schreibt der Politikredakteur Andreas Ross.
Das Tabernakel gehört zu den historischen Gebäuden am Sitz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in Salt Lake City. In Anspielung darauf sind die vielen Blogs, in denen sich Gläubige, weniger Gläubige sowie erklärte Glaubensgegner über Geschichte, Lehre und Alltagserfahrung der Mormonen austauschen, im Internet-Sprech als "Bloggernakel" bekannt.
Dass sich Mormonen im Netz als sehr dialogfreudig erweisen, sollte niemanden verblüffen:
Mormonen sprechen gerne über ihren Glauben. Die sonntäglichen Gottesdienste sind für jeden offen. Ohne Anmeldung und ohne Kollekte. Über 55.000 Mormonenmissionare verkünden in aller Welt die christliche Botschaft. Wer wissen will, was die Mormonen wirklich glauben und was sie bewegt, muss nicht lange nach einer Antwort suchen.
Mormonen nutzen moderne Technik. Lange Bärte, altmodische Gewänder, Pferdekutschen? Wem beim Stichwort „Mormonen“ diese Assoziationen in den Sinn kommen, der unterliegt einer Verwechslung. Ob Fernseher, Hörgerät, Ampelanlage, Textverarbeitung oder Videospiele – an deren Entwicklung waren Mormonen beteiligt. Die Kirche überträgt ihre halbjährlichen weltweiten Konferenzen per Satellit sowie im Internet. Auf ihrer Homepage bietet sie den Gläubigen unter anderem Hilfe bei der Predigtvorbereitung und beim Einüben der Altstimme für den Kirchenchor.
Mormonen sind dialogbereit. Wer anderen etwas zu sagen hat, muss auch bereit sein, zuzuhören. Mormonen ist der respektvolle Dialog mit Andersgläubigen ein besonderes Anliegen, auch hierzulande: Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ist Gründungsmitglied des Rates der Religionen in Frankfurt am Main und beteiligt sich an den Arbeitsgemeinschaften der Kirchen und Religionsgesellschaften (AKR) in Berlin, Hamburg und Niedersachsen.
Wenn Mormonen private Blogs schreiben, geht es nicht immer um die großen Fragen des Lebens. Auch das bemerkt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Aber wo Religion zum Alltag gehört, kommt mal die christliche Nächstenliebe zur Sprache und mal ein Muffinrezept.