Am 22. und 23. September trafen sich 69 Delegierte des Bundeskongresses der Räte der Religionen aus 31 Städten und Landkreisen in diesem Jahr in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Wie wichtig die Arbeit des Bundeskongresses und seiner Mitglieder auch gesamtgesellschaftlich ist, um Extremismus nicht das Feld zu überlassen, einander an- und ernst zu nehmen und gemeinsam für eine vielfältige und sichere Gesellschaft zu arbeiten, betonte der Abteilungsleiter für Heimat und gesellschaftliche Teilhabe im Bundesinnenministerium, Jörn Thießen, in einem sehr engagierten Grußwort.
Ausgehend von den Verwerfungen des 7. Oktobers 2023 beschäftigte viele Mitglieder die Frage, wie angesichts neuer Ungewissheiten, verlorenen Vertrauens und aufgebrochener Konfliktlinien ein neues, empathisches Sprechen miteinander und über die gemeinsamen Themen gelingen kann. „Uns hat das Thema zerrissen“, gestand Jürgen Körnlein aus Nürnberg, und sprach damit vielen aus dem Herzen. Vieles müsse nun neu gedacht und neues Vertrauen aufgebaut, manchmal vielleicht auch einen Schritt zurückgetreten werden, so der allgemeine Tenor. Wie dies gelingen könnte, dazu gab Prof.in Dr.in Martina Kraml von der Universität Innsbruck in ihrem Vortrag zum Thema „Dialog in der Krise – wie bleiben wir sprachfähig?“ mit dem Modell der ‚Themenzentrierten Interaktion‘ (TZI) praktische Anregungen, die in mehreren Arbeitsgruppen weiter vertieft wurden. Auch unterjährig werden mehrere Arbeitsgruppen an den begonnenen Themen und Fragestellungen wie zum Beispiel der Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, der Frage des gemeinsamen Gedenkens der Religionen und der Frage des Verhältnisses von Religion und Politik weiterarbeiten.
Wie Verständigung und Versöhnung auf einer ganz anderen Ebene funktionieren können, das zeigte am Sonntagabend emotional sehr bewegend und viele Delegierte ermutigend das Friedenskonzert „Zuerst Mensch- in Musik vereint“ des in Dresden beheimateten Bündnisses InterReligiöses Deutschland e.V. (BIRD), das in diesem Jahr sein zehnjähriges Jubiläum feierte. Die Beiträge aus den verschiedenen Kulturen, dargeboten von deutschen, syrischen, afghanischen, jezidischen, israelischen, türkischen, vietnamesischen, afrikanischen und palästinensischen Künstler*innen, zeigten einerseits die biografischen Verletzungen der Beteiligten, andererseits wie aus dem musikalischen Zusammenspiel verschiedener Traditionen eine neue gemeinsame Lebensfreude und menschliche Verbundenheit geboren werden können. „Wir freuen uns ganz besonders, dass die Delegierten des Bundeskongresses mit uns gemeinsam unser Jubiläum feiern und damit auch ein Zeichen setzen, dass wir bei allen aktuellen Entwicklungen nicht allein sind, sondern im ganzen Land Partner und Freunde unsere Philosophie teilen“, betonte Sebastian Römisch, der Hauptorganisator des Konzerts und Mitglied des Sprecher*innenrates des Bundeskongresses. Auch der stellvertretende sächsische Ministerpräsident Martin Dulig würdigte das gerade in der aktuellen Situation notwendige Engagement der Beteiligten des interreligiösen Friedenskonzerts und der deutschlandweiten Räte der Religionen für ein friedliches Zusammenleben der Menschen.
Den Zuschlag für die Ausrichtung des Kongresses im kommenden Jahr erhielten die Delegierten aus dem Kreis Offenbach und der Kreisstadt Dietzenbach in Hessen. Dort werden sich die Delegierten am 14. und 15. September 2025 treffen. „Dieser Kongress ist ein gemeinsames Projekt“, sagt Semra Kanisicak von der Initiative ‚Eine Stunde für den Frieden‘ im Kreis Offenbach, „wir haben die volle Unterstützung des Landrats und des Bürgermeisters. Der Kongress gibt uns die Möglichkeit, gemeinsam zu zeigen, dass Vielfalt und Verständigung nicht nur in Großstädten funktionieren, sondern auch in der Fläche. Wir würden uns wünschen, dass der Kongress auch in die umliegenden Gemeinden ausstrahlt, und freuen uns darauf!“ Der siebenköpfige Sprecher*innenrat wurde ebenfalls neu gewählt. Vertreten sind: Semra Kanisicak (Kreis Offenbach), Dr. Hamideh Mohagheghi (Hannover), PD Dr. Gerdi Nützel (Berlin), Prof. Dr. Wolfgang Reinbold (Hannover), Sebastian Römisch (Dresden), Sandra Scholz (Dietzenbach) und Prof. Dr. Joachim Valentin (Frankfurt). Herzlich bedanken möchte sich der Sprecher*innenrat bei seinen beiden ausscheidenden Mitgliedern Ahmad Alhamwi (Münster) und Johanna Stoll (Dresden).
Aktive der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage beteiligen sich an interreligiösen Gremien und Initiativen, die in Dresden vertreten waren. Unter den Delegierten beim Bundeskongress war ein Heiliger der Letzten Tage, ein weiterer fiel kurzfristig krankheitsbedingt aus.