Am Sonntag, den 3. Juli 2022, findet von 14 bis 18 Uhr der multireligiöse „Tag der Religionen“ statt. Die Veranstaltung in den Frankfurter Römerhallen zeigt unter dem Motto „Gebet und Ritual“ die religiöse Vielfalt Frankfurts. Besucher*innen haben die Gelegenheit, mit Vertreter*innen verschiedenster Frankfurter Religionsgemeinschaften ins Gespräch zu kommen und traditionelle Speisen zu verkosten. Neben einem bunten Musik- und Bühnenprogramm wird es einen Gebetsraum sowie ein gemeinsames, abschließendes Friedensgebet geben. Das Event des Frankfurter Rats der Religionen in Zusammenarbeit mit dem Amt für multikulturellen Angelegenheiten (AmkA) findet zum 5. Mal statt.
„Wir freuen uns sehr, dass der Tag der Religionen nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause endlich wieder vor Ort im Römer stattfinden kann“, sagt Prof. Joachim Valentin, Vorsitzender des 2009 gegründeten Rats der Religionen. „Gerade ein emotionales Thema wie „Gebet und Ritual“, das in diesem Jahr den Schwerpunkt dieses Events bildet, bringt uns als Menschen die in dieser Stadt leben untereinander wieder näher.“ *
Auch Bürgermeisterin und Diversitätsdezernentin Dr. Nargess Eskandari-Grünberg freut sich auf das gemeinsame Event. Sie wird den Tag der Religionen mit einer Ansprache persönlich eröffnen. Das Amt für multikulturelle Angelegenheiten kooperiert seit 2017 mit dem Rat der Religionen, um das Event im Römer zu ermöglichen.
Zum Thema „Gebet und Ritual“
Beten, das heißt sich an Gott oder Götter richten, öffentlich, als Gemeinde oder privat, mit einem vorformulierten Text oder frei gesprochen. Der Beter/die Beterin kommt meist mit einer Intention: Klage, Dank, Lobpreis und Bitte sind vielleicht die wichtigsten Inhalte des Gebetes, das seit Jahrtausenden den Kern nahezu aller Religionen ausmacht.
Was Sprache und Rahmung angeht nimmt das Gebet alle möglichen Formen an. Ob Psalm oder Hymnus, Herzensgebet oder Lobgesang, Segensgebet (hebr.: Beracha) oder Mantras und Sutras, die Anrufungen des formlosen Höchsten im Hinduismus. Die vielleicht bekanntesten Gebete sind Schma Israel (Judentum) Vater unser (Christentum) und Al Fatiha „die Eröffnende“ (1. Sure) im Islam. Man/frau wird in der Regel einen besonderen Ort, einen bestimmten Zeitpunkt (Morgen-, Mittags-, Abendgebet) wählen und eine besondere Haltung einnehmen, um sich an Gott zu wenden – Tempel, Bethaus, Kirche, sind besonders klar gekennzeichnete Orte. Aber auch die Natur oder das „stille Kämmerlein“ sind wichtige Orte des Gebetes. Die Arme zum Himmel zu strecken, um sich an Gott zu richten, die Hände wie eine Schale zu halten oder zu falten, um seine Antwort zu empfangen, auf die Knie oder gar auf den Bauch niederzufallen – all das sind körperliche Ausdrücke des Sich-an Gott-Richtens, aufrecht oder in Demut. Oft erkennt man an Kleidung und Haltung des Beters/der Beterin ihre Religion.
Das Ritual umfasst mehr als das Gebet, doch es kommt selten ohne zentrale Gebete in festgelegter Reihenfolge aus. Viele Religionen würden eher von „Gottesdienst“ sprechen. Es hat meist einen vorgegebenen Sinn (Gottesdienst, Begrüßung, Heilung, Reinigung, Segnung, Hochzeit, Begräbnis, Aufnahmefeier) und läuft nach festgelegten Regeln ab. Oft handelt es sich um feierlich-festliche Handlungen mit hohem Symbolgehalt: Wortformeln und Gebete festgelegte Gesten und Bewegungen im Raum. In der Regel sind besonders qualifizierte Vorsteher, Amtsträger, Priester*innen, Rabbiner*innen oder Imame, Kantor*innen oder Kultdiener*innen mit der Ausführung oder Leitung dieser Zeremonien betraut.
Wenn sie sich nicht auf wichtige Ereignisse im menschlichen Leben (Geburt, Erwachsenwerden, Hochzeit, Krankheit, Tod) beziehen, folgen sie häufig dem Tagesablauf und dem Wechsel der Jahreszeiten. Hier beziehen sie sich etwa auf Jahresanfang und -ende, Aussaat und Ernte sowie auf Daten wichtiger historischer Ereignisse in der Geschichte der Religion (Auszug aus Ägypten, Erbauung/Zerstörung des Tempels, Geburt und Tod des Religionsgründers oder Gottes). Rituale tragen für Gläubige zur Orientierung, Deutung der „Highlights“, Wenden, Absurditäten und Gefahren des Lebens, aber vor allem zur Gemeinschaftsbildung bei. Gemeinsam ein Ritual zu vollziehen, verbindet und stärkt, gibt dem Unaussprechlichen und Unverständlichen eine Form und einen Sinn.
(Text: Prof. Joachim Valentin)
Über den Rat der Religionen
Der Frankfurter Rat der Religionen besteht aus Vertretern verschiedener Religionsrichtungen. Dazu gehören christliche, muslimische, buddhistische und hinduistische Gemeinden, die jüdische Gemeinde Frankfurt, die Baha‘i und die Sikh-Religion sowie die Ahmadiyya Muslim Jamaat und die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Der Rat fördert den Dialog zwischen den Religionsgemeinschaften untereinander und mit der Stadtgesellschaft und hat das Ziel, das gegenseitige Verständnis und Zusammenleben zu verbessern. Er nimmt aus religiöser Sicht Stellung zu gesellschaftlichen und politischen Themen der Stadt Frankfurt. 2012 wurde er mit dem Integrationspreis der Stadt Frankfurt und 2019 mit dem hessischen Integrationspreis ausgezeichnet und ist Gründungsmitglied im Bundeskongress der Räte der Religionen.
* Während der Pandemie wurde anstelle einer Veranstaltung zum 4. Tag der Religionen eine Video-Reihe mit dem Thema „Religion und Natur“ produziert. Sie ist unter folgendem Link abrufbar: https://bit.ly/3wLKZXX