Am 7. und 8. Februar 2023 trafen sich fünfundachtzig politische Entscheidungsträger, Rechtsexperten und Vertreter verschiedener Glaubensrichtungen aus ganz Europa in Lissabon zu einer internationalen Konferenz zum Thema Religion und Meinungsfreiheit. Die Veranstaltung wurde von der International Association for the Defense of Religious Liberty AIDLR (Internationale Vereinigung zum Schutz der Religionsfreiheit) organisiert und von der gemeinnützigen Calouste Gulbenkian Foundation ausgerichtet.
„Wenn ein Dialog möglich ist – und er muss möglich sein –, dann muss so eine Ausübung von Toleranz unweigerlich zwischen den Religionen stattfinden“, so Prof. Dr. Catarina Sarmento e Castro, Justizministerin der Republik Portugal, in ihrer Eröffnungsrede auf der Konferenz. „Mit anderen Worten: Wenn Hans Küng Recht hat und es keinen Frieden zwischen den Nationen gibt, solange es keinen Frieden zwischen den Religionen gibt, dann wird es auch keinen Frieden zwischen den Religionen geben, solange es zwischen ihnen keinen Dialog gibt. Dann muss alles darangesetzt werden, diesen Dialog zu fördern“, bekräftigte sie.
Im Mittelpunkt der Konferenz standen die Themen Religion und Meinungsfreiheit im Zusammenhang mit Menschenwürde, Organisationen und der heutigen Gesellschaft.
„Es ist unvorstellbar, das Recht auf freie Meinungsäußerung für ein Recht zu halten, andere Menschen oder Gruppen zu beleidigen“, betonte Dr. Ganoune Diop, Generalsekretär der International Religious Liberty Association und Direktor der Abteilung für öffentliche Angelegenheiten und Religionsfreiheit der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten. „Die moralische Komponente der Achtung der Würde anderer Menschen sollte untrennbar mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung verbunden sein“, fügte er während einer Veranstaltung am Dienstagnachmittag hinzu.
Unter den Teilnehmern waren auch mehrere Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.
Francesco Di Lillo sprach bei seinem Vortrag am Mittwoch Vormittag über das Thema „Religions- oder Glaubensfreiheit: Einheit in der Vielfalt“. „Religions- oder Glaubensfreiheit ist kein Vorrecht einiger religiöser Randgruppen oder gar nur derer, die einer organisierten und gut etablierten Religion angehören. Sie ist ein kostbares Menschenrecht für jeden. Die Religions- oder Glaubensfreiheit ist ein persönliches Grundrecht“, unterstrich er. Di Lillo leitet das Büro EU & Auswärtige Angelegenheiten der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in Brüssel und gehört dem Vorstand der Europäischen Koordinierungsstelle gegen religiöse Intoleranz und Diskriminierung an.
Joaquim Jorge Oliveira Moreira, der die Arbeitsgruppe für den interreligiösen Dialog der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in Portugal vertritt, kam in der Versammlung ebenfalls zu Wort. „Der Politikwissenschaftler Samuel Huntington hat gesagt, dass von allen Elementen, die eine Zivilisation ausmachen, ‚das wichtigste normalerweise die Religion ist‘. Es ist daher nicht verwunderlich, dass religiöse Unterschiede die Ursache vieler Konflikte in der Welt darstellen. Die Lösung besteht aber darin, Unterschiede zuzulassen und nicht im Keim zu ersticken“, betonte der ehemalige Gebietssiebziger der Kirche.
„Studien zufolge steht der Schutz der Vielfalt religiöser Erfahrungen in engem Zusammenhang mit größeren bürgerlichen und politischen Freiheiten, größeren Freiheiten der Presse und der Wirtschaft, weniger bewaffneten Konflikten, besserer Gesundheitsversorgung, einem höheren Einkommensniveau, besserer Bildung für Frauen und einer generell höheren Entwicklung des Menschen. Kurz gesagt: Die religiöse Vielfalt schafft Raum für ein lebenswertes Leben“, erklärte Moreira.
Dr. Ralf Grünke, stellvertretender Kommunikationsdirektor der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage im Gebiet Europa Mitte und publizierender Politikwissenschaftler, gehörte ebenfalls zu den geladenen Teilnehmern.
AIDLR ist eine internationale, regierungsunabhängige Organisation, die 1946 von der Siebenten-Tags-Adventistin Dr. Jean Nussbaum gegründet wurde. Die Vereinigung ist überparteilich und überkonfessionell. Der Hauptsitz befindet sich in Bern; ein offizielles Büro wird in Brüssel unterhalten.