Hintergrund

Was würde Jesus posten?

Ein Blick auf junge Heilige der Letzten Tage in der digitalen Welt

Wenn Menschen von der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage hören, stellen sie sich vielleicht zuerst Missionare mit Namensschild vor, die Passanten ansprechen und sich mit ihnen unterhalten. Immer wieder haben europäische Medien die Online-Präsenz von Mitgliedern der Kirche untersucht. Eine Umfrage unter einem Dutzend junger Heiliger der Letzten Tage in ganz Europa gibt nun aus erster Hand Einblicke dazu, wie sie soziale Plattformen – insbesondere Instagram – nutzen und inwiefern sie sich dabei von anderen unterscheiden.

Genau wie auch abseits des Internets wollen die meisten jungen Heiligen der Letzten Tage online für Güte, Verbundenheit und Positivität einstehen. Ihre Posts – die sich oft um Alltägliches drehen – mögen sich kaum von denen anderer unterscheiden, doch es gibt einen bemerkenswerten Unterschied in der Art und Weise, wie diese Jugendlichen soziale Medien nutzen und an sie herangehen. Dieser Unterschied wurzelt in ihrem zentralen Glauben an Jesus Christus.

Sie kennen die vielen Vorteile der sozialen Medien, aber auch ihre Nachteile. Ihr Ziel, auch beim Nutzen dieser Plattformen, ist letztlich, in der Welt, aber nicht von der Welt zu sein, indem sie sich bemühen, dem Beispiel Christi zu folgen und Güte zu verbreiten.

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Woran erkennt man auf Instagram einen Heiligen der Letzten Tage?

Die meisten befragten Heiligen der Letzten Tage geben an, dass sie soziale Medien wie jeder andere auch nutzen. Sie bleiben über Direktnachrichten mit Freunden in Verbindung, vertreiben sich mit unterhaltsamen Inhalten die Zeit, nutzen es, um dem Alltagsstress zu entfliehen, und halten sich gegenseitig auf dem Laufenden.

Abgesehen davon, dass sie in ihrer Instagram-Bio möglicherweise auf ihre religiöse Zugehörigkeit hinweisen – etwa mit einem Link zu einer Seite zum Evangelium, einer Schriftstelle oder einem inspirierenden Zitat –, haben sie ein Profil wie jeder andere.

Wie sieht das Profil eines Heiligen der Letzten Tage aus?

Ausgehend von den Antworten der befragten jungen Leute findet man auf einem Profil eines Heiligen der Letzten Tage zum Beispiel Folgendes.

Heilige teilen Lifestyle-Posts, von alltäglichen Momenten bis hin zu ganzen Fotostrecken zu besonderen Ereignissen. Häufig sieht man Posts, mit denen sie Freunde informieren und quasi ein persönliches Tagebuch führen. Man stößt oft auf Hobbys und karrierebezogene Inhalte, beispielsweise Trailrunning-Videos, ein begeistertes Lob an bestimmte Marken, Gesangsclips, Reiseabenteuer, Berichte über das Leben als Mutter, das Führen eines Unternehmens oder auch zum Thema Kochen und Kultur.

Ein weiteres wiederkehrendes Thema ist die Religion. Einige Heilige der Letzten Tage verbreiten die Lehren des Evangeliums und ihre Überzeugungen oder versuchen einfach, andere mit positiven Botschaften aufzurichten. Während einige die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage nur selten erwähnen, machen andere sie zu einem zentralen Bestandteil ihres Auftritts in den sozialen Medien. Ester, eine junge Heilige der Letzten Tage, die in Spanien lebt, hat gesagt: „Die sozialen Medien sollten eine Möglichkeit sein, unseren Körper mit Licht zu erfüllen und Licht zu verbreiten.“ Sie verwies im Zusammenhang damit auf eine Schriftstelle (3 Nephi 13:22).

Wie ihre Religion ihre Sicht auf die sozialen Medien prägt

Die Heiligen der Letzten Tage glauben, dass jeder Mensch die Fähigkeit hat, zwischen Wahrheit und Unwahrheit zu unterscheiden. In einer Welt, in der die Realität und KI immer mehr zu verschwimmen scheinen, kann die schiere Menge an Inhalten überwältigend sein. Trotzdem fühlen sich diese jungen Heiligen der Letzten Tage in der Lage, Gutes von Schlechtem zu unterscheiden, und sie suchen aktiv nach erbauenden Medien. Inhalte, die nicht ihren Werten entsprechen, meiden sie hingegen.

Ester erklärte weiter: „[Das Evangelium] beeinflusst alles, was ich tue. Ich muss mich dafür entscheiden, mit etwas herauszusuchen, was mir hilft, den Heiligen Geist bei mir zu haben.“

Oliver, ein junger Erwachsener aus Österreich, hat erzählt, dass es sehr wohl Inhalte gibt, die für andere etwas „Normales“ sein mögen, es für ihn aber nicht sind. Er beschrieb, auf welche Weise unanständige oder lustige Medieninhalte von bedeutsameren Aspekten des Lebens ablenken können, und er betonte, wie wichtig es ist, sich dessen bewusst zu sein.

Saby Montoya de Angus zitierte in ihrem Artikel Lenken soziale Medien dich von dem ab, was am wichtigsten ist? diese Aussage von Präsident Dallin H. Oaks von der Ersten Präsidentschaft: „Natürlich ist es gut, sich guter Unterhaltung zu widmen oder interessante Informationen zu erhalten. Aber nicht alles davon ist den Teil unseres Lebens wert, den wir dafür geben. Einiges ist besser, anderes am besten.“

Haneia, eine Influencerin aus der Schweiz, äußerte ähnliche Bedenken über Zeitverschwendung im Internet und betonte, wie wichtig es ist, darauf zu achten, von wem man eigentlich gerade beeinflusst wird. Sie glaubt, dass Medien, die man regelmäßig konsumiert, eine nachhaltige Wirkung haben können.

Der Vergleich mit anderen ist ein wichtiges Thema im Zusammenhang mit der Nutzung sozialer Medien. Fast alle Befragten äußerten sich besorgt in Bezug auf die Herausforderungen, die damit verbunden sind. Sie räumten aber auch die positiven Seiten der sozialen Medien ein, die nach Meinung vieler im Vergleich zu den negativen Seiten überwiegen.

Viele junge Heilige der Letzten Tage betrachten die sozialen Medien als eine Möglichkeit – und sogar als eine Verpflichtung –, Güte zu verbreiten. Sie versuchen, sich online authentisch zu präsentieren, echte Verbindungen zu knüpfen und Positivität zu verbreiten. Dazu gehört oft, dass sie weniger Filter verwenden als andere, aufbauende Inhalte posten, mit ihren Lieben in Verbindung bleiben und sorgfältig darauf achten, was sie veröffentlichen.

Im Rahmen einer 2024 von PubMed Central, eines Archivs der Nationalbibliothek für Medizin, veröffentlichten Studie wurden junge Erwachsene in Italien zu ihrer Nutzung sozialer Medien befragt. Hier das Ergebnis dieser Studie: „Die Wechselwirkung zwischen den Werten junger Menschen und den von den Medien vermittelten Werten ist eine komplexe und sich ständig weiterentwickelnde Angelegenheit. … Anstatt sich auf eine aufpolierte und makellose Selbstdarstellung zu konzentrieren, entscheiden sich junge Menschen für Authentizität und Echtheit oder geben zumindest vor, dies zu tun. Auf falsche Darstellungen wird verzichtet. … In diesem Zusammenhang kann die Fähigkeit zu einem kritischen Umgang mit Medien dazu beitragen, die Kompetenz zu entwickeln, Medieninhalte auf der Grundlage der eigenen Werte zu beurteilen oder Medien zur bewussten und verantwortungsvollen Selbstdarstellung oder Inhaltserstellung zu nutzen.“1

Dieses Gefühl zeigt sich auch bei den befragten jungen Heiligen der Letzten Tage. Auch wenn sie glauben, dass soziale Medien sowohl eine positive als auch eine negative Seite haben, legen sie großen Wert auf einen bewussten Umgang mit ihnen und auf Medienkompetenz, um diese Plattformen mit Bedacht zu nutzen.

Was würde Jesus auf Instagram tun?

WWJD (Was würde Jesus tun?) ist eine Formulierung, die unter Heiligen der Letzten Tage oft verwendet wird, um das Beispiel Christi in den Vordergrund zu stellen.2 Die Teilnehmer der Umfrage wurden Folgendes gefragt: Die Heiligen der Letzten Tage streben ja danach, wie Jesus zu sein. Was würde er deiner Meinung nach auf Instagram tun?

Sie antworteten: „Er würde sich auf den Einzelnen konzentrieren“. Er würde die Menschen also persönlich ansprechen, bedeutsame Verbindungen herstellen und aufrichtig das Evangelium weitergeben.

„Er würde Liebe zeigen und in der Welt Licht verbreiten.“ Sie stellten sich sein Profil als erbauend, inspirierend, liebevoll, fröhlich, positiv, einladend, unterhaltsam und innovativ vor.

„Er würde seine Wahrheit verkünden.“ Das bedeutet nicht, dass er Kontroversen vermeiden würde, sondern dass er ehrlich und aufrichtig wäre. Jesus würde das Evangelium offen leben und weitergeben, indem er Verwirrung beseitigen und Schriften und Lehren benutzen würde, um seine Botschaft zu verbreiten.

Kann man also am Profil in sozialen Medien erkennen, dass jemand ein praktizierender Heiliger der Letzten Tage ist?

Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Die Profile junger Heiliger der Letzten Tage mögen sich nicht groß von anderen unterscheiden, doch zeigt sich das, was sie beeinflusst, in der Art und Weise, wie sie andere aufrichten, Verbundenheit schaffen und ihre Mitmenschen inspirieren. In einer digitalen Welt, die von Inhalten geradezu überquillt, ist dies vielleicht die Art von Internetpräsenz, die es wert ist, beachtet zu werden.

Isabelle Davis, die Verfasserin dieses Artikels, gehört zur Generation Z und studiert an der Brigham-Young-Universität in den USA Public Relations.


1. Simona Tirocchi, „Generation Z, values, and media: from influencers to BeReal, between visibility and authenticity”, Frontiers in Sociology, 8. Jahrgang, 1304093, 10. Januar 2024, doi:10.3389/fsoc.2023.1304093, pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10809394/#abstract1

2. Die Herausgeber von The Religions Book, das erstmals 2013 in Großbritannien von Dorling Kindersley Limited veröffentlicht wurde, wählten „Frag dich: ‚Was würde Jesus tun?‘ – Dem Beispiel Christi folgen“ als Überschrift für das Kapitel über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.

Hinweis an Journalisten:Bitte verwenden Sie bei der Berichterstattung über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bei deren ersten Nennung den vollständigen Namen der Kirche. Weitere Informationen hierzu im Bereich Name der Kirche.