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Die unbesungenen Helden auf den Tourneen des Mormon Tabernacle Choir

Wenn der Mormon Tabernacle Choir und das Orchestra at Temple Square auf Tournee gehen, ist logistisch Ungeheures zu bewältigen: Über hundert Mitwirkende, mehr als tausend Gepäckstücke, tausende Konzertgarderoben, zig Instrumente und die benötigte Bühnenausstattung müssen von Ort zu Ort transportiert werden. Der gesamte Ablauf ist so gut orchestriert wie der Chor selbst. Verantwortlich zeichnen vier Top-Organisatoren: die beiden Chormanager sowie zwei altgediente AV-Produzenten.

Das Händchen für Logistik beweist ein ums andere Mal der administrative Manager des Chors, Barry Anderson. Er füllt diesen Posten bereits seit 14 Jahren und ist jedem Arbeitsgang immer einen Schritt voraus. Sobald eine Tournee zu Ende geht, hält er schon für die nächste Ausschau nach Hotels und Veranstaltungsorten. Normalerweise geht der Chor alle zwei Jahre auf große Tournee, doch kleinere finden zwischendurch auch dann und wann statt.

Grob gesprochen arbeitet Anderson ein detailliertes Reiseprogramm für viele verschiedene Gruppen aus, darunter für die Busfahrer, Caterer, das Sicherheitspersonal und gar ein Ärzteteam. Auf diese Weise kann der Zeitplan eingehalten werden. Jeder weiß, was auf der Tournee Tag für Tag, Minute für Minute zu tun ist, sei es, hunderte Koffer von hier nach dort zu bringen oder in einem äußerst engen Zeitfenster Essen bereitzustellen, von dem eine kleine Armee satt werden kann.

"So bin ich halt gestrickt", meint der pragmatische Anderson. "Ich bin nicht Mack Wilberg. Ich treffe in puncto Musik keinerlei Entscheidungen, da halte ich mich vollkommen heraus. Doch das ist eben mein Verantwortungsbereich, so wie jeder seinen hat, und den fülle ich auch aus."

Eines hat Anderson im Laufe der Jahre gelernt: Trotz des besten Plans tritt immer wieder Unerwartetes ein. Daher trifft er stets Vorkehrungen, um bei auftauchenden Problemen flexibel agieren zu können.

Wenn der Chor auf Tournee geht, reisen alle beispielsweise immer in mehreren Bussen. Anderson füllt die Busse nie bis auf den letzten Platz, auch wenn so mancher ihn schon zu überzeugen versuchte, dass es doch viel effizienter und kostengünstiger sei, alle Reisenden auf weniger Busse zu verteilen. Doch Anderson besteht nach wie vor auf mehr Fahrzeuge.

"2013 waren wir zum Beispiel nach Minneapolis unterwegs. Als wir für eine Essenspause Halt machten, kam der Busfahrer, der sich um alle Busse kümmert, auf mich zu. 'Barry', sagte er, 'wir haben ein Problem. Ein Bus ist defekt.' Wir waren noch gut 400 Kilometer von der Konzerthalle in Minneapolis entfernt, weit und breit gab es nichts", erzählt Anderson. "Doch zum Glück waren in den anderen Bussen ja noch Plätze frei. Dort konnten alle Chormitglieder aus dem defekten Bus unterkommen, wir fuhren nach Minneapolis weiter, ganz nach Zeitplan, und kamen rechtzeitig für das Konzert an." Und die Moral von der Geschichte? Man soll immer mit mehr Bussen fahren, als man braucht!

"Eine Tournee ist wie eine superleckere Torte", so Anderson. "Da gibt es so viele Leute - im administrativen Bereich, im technischen Bereich, hinter der Bühne -, die alle hart dafür arbeiten, dass ihre Tortenschicht perfekt ist, und das Konzert ist dann am Ende das herrliche Ergebnis."

Eine höchst wichtige Schicht dieser Torte ist, dass jeder Konzertsaal gut gefüllt ist und Chor und Orchester nicht vor leeren Stühlen spielen. Dieser Bereich fällt in die Hände von Marketing-Genie Scott Barrick, dem zweiten Chormanager.

Bevor der Harvard-Absolvent diese Position im Jahr 2001 einnahm, war er Produktgruppenleiter für diverse Reinigungsprodukte, später auch für Tierfutter, und konnte seine Talente bei dieser Tätigkeit verfeinern. Oft zehre er beim Ausüben seiner Rolle als Chormanager von den früheren Erfahrungen, so Barrick.

"Ob Seife, Tierfutter oder eben Chormusik - Hauptsache ist doch, dass das Produkt den Bedürfnissen des Verbrauchers möglichst entspricht. Man muss ihn also mit dem bedienen, was er braucht, und zwar dann und dort, wo er dafür bereit ist."

Doch, so Barrick weiter, sei die Musik des Chors selbstredend weit mehr als ein Produkt: Sie kann das Leben eines Menschen wirklich verändern.

"Es ist unser Ziel, dass der Chor bei allen Auftritten so vielen Menschen wie möglich seine Botschaft von Frieden und Freude bringen kann. Es ist eine besondere Atmosphäre spürbar, wenn wir vor vollem Haus und einem begeisterten Publikum auftreten." Wenn man so viel Begeisterung und Aufmerksamkeit erntet, möchte man gerne etwas davon zurückgeben.

Aus diesem Grund empfängt der Chor vor jedem Konzert Vertreter von Kunst- und Kulturverbänden, der Allgemeinheit und staatlicher Institutionen, interreligiöse Führer sowie Vertreter anderer Gruppen.

"Das ist immer eine großartige Gelegenheit, denn die Musik des Chors enthält viele religiöse Elemente, aber eben nicht ausschließlich", erklärt Barrick. "Sie erhebt und inspiriert, sie bewegt einen jeden auf ganz eigene Art und Weise. Die Sprache der Musik kann viele Menschen aus unterschiedlichsten Lebensumständen berühren."

Der Chor ist für seinen unverkennbaren kraftvollen Klang bekannt - und genau den möchten die Fans bei jedem Konzert erleben. Doch den Klang von 360 Stimmen bis an die Ohren vieler tausend Zuhörer zu bringen, ist keine leichte Aufgabe. Diese "Tortenschicht" darf Produktionsmanagerin Heidi Casson kunstvoll zubereiten, die jahrelang als Inspizientin mit diversen Musical-Ensembles quer durch die USA gereist ist. Vor ihrer Tätigkeit beim Tabernakelchor war sie in Las Vegas mit der Bühnenshow A New Day betraut, einer Show der bekannten Sängerin Celine Dion.

Casson zufolge besteht eine der größten Herausforderungen auf einer Tournee darin, dass der Chor immer gleich klingen muss, denn die Konzerthallen unterscheiden sich schließlich in Bauart und Größe.

"An den traditionellen Veranstaltungsorten am Tempelplatz hat der Chor den Klang schon längst perfektioniert, doch wenn wir auf Tournee gehen, muss ich natürlich dafür sorgen, dass dieser Klang auch in einem beliebigen Stadion, Theater oder einer Konzerthalle irgendwo auf der Welt genauso rüberkommt."

Aus diesem Grund reist der Chor mit eigener High-Tech-Ausrüstung - Mikrofone, Lautsprecher, Verstärker. Alles muss für jedes Konzert auf- und wieder abgebaut werden, was enorm viel Zeit und Kraft verschlingt.

"Ein Tourneetag beginnt für gewöhnlich um 7 Uhr morgens und geht bis 1, 2 Uhr nachts. Dann verlassen wir den Veranstaltungsort und reisen zur nächsten Stadt", so Casson. "Es steckt unglaublich viel Arbeit darin, aber wenn alles gut gelaufen ist und wieder viele Menschen den Chor live sehen und hören konnten, erfüllt es einen mit großer Zufriedenheit, die alles andere aufwiegt."

Auch Ed Payne, der Produzent des Chors, empfindet es als lohnend, bei einer Konzerttournee dabei zu sein. Er versucht, dieses Erlebnis so gut wie möglich einzufangen, und lässt Zuhörer auf der ganzen Welt daran teilhaben. Payne produziert schon seit über 33 Jahren die wöchentliche Sendung des Chors, Music and the Spoken Word, und hat großen Anteil daran, wie der Chor im wahrsten Sinne des Wortes gesehen wird.

"Wer in ein Live-Konzert geht, kann den Chor natürlich mit eigenen Augen und Ohren erleben", so Payne. "Doch es gibt auch viele Fans auf der ganzen Welt, die dem Chor auf seinen Reisen folgen wollen."

Zu diesem Zweck produziert Payne Videoclips, in denen der Chor auch mal hinter den Kulissen zu sehen ist. Diese und andere digitale Medienpakete werden auf den Seiten des Chors in sozialen Netzwerken gepostet, und so können sich viele tausend Menschen das, was der Chor auf Tournee erlebt, im eigenen Wohnzimmer anschauen.

 "Wenn man etwas Tolles erlebt, will man es ja anderen erzählen", meint Payne. "Zwar kann ich den Chor jede Woche sehen und hören, doch selbst nach dreißig Jahren bekomme ich immer noch eine Gänsehaut, wenn ich dieser herrlichen Musik lausche. Dass ich diesen Teil meines Lebens, diese Freude mit anderen teilen kann, macht all die harte Arbeit letztendlich wett."

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