Zusätzliche Quelle

Richard Elliott lässt die Königin der Instrumente tanzen

Der Erste Organist des Tabernakels

Irgendwie passten die musikalischen Neigungen des jungen Rick Elliott so gar nicht zusammen: Am Samstagabend trug er Glitzerklamotten und spielte Keyboard in einer Rockband. Am nächsten Morgen dann schlich er sich auf die Orgelbank in der lutherischen Kirche und spielte die Lieder für den Gottesdienst. Dieser krasse Gegensatz an musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten lehrte den angehenden Künstler jedoch viel über sich selbst als Musiker. Schon damals hatte er den Eindruck, dass seine Musik dann am strahlendsten wirkte, wenn sie eine spirituelle Komponente hatte. "Unterhaltungsmusik kann den Menschen helfen, ihre Probleme einen Augenblick lang zu vergessen", sinniert er, "aber geistliche Musik bewirkt anscheinend mehr: Sie hilft den Menschen, sich ihren Problemen zu stellen und sie zu überwinden." Diese Erkenntnis war das Fundament für Elliotts gesamten Werdegang. Sie ebnete ihm schließlich auch den Weg zum Amt des Ersten Organisten des weltberühmten Tabernakelchors.

Noch an der Highschool beschloss er, sich ernsthaft mit der Orgel zu befassen, und begann eine musikalische Ausbildung am Peabody-Konservatorium. Am College belegte er dann Orgel im Hauptfach. Er studierte an der Catholic University of America und am Curtis Institute of Music, wo er seinen Bachelor-Abschluss in Musik machte.

Als er dort studierte, dachte er auch ernsthaft darüber nach, sich der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage anzuschließen. Elliott ließ sich in seiner Abschlusswoche taufen und entschloss sich schon bald, ehrenamtlich als Missionar nach Argentinien zu gehen. Innerhalb nur weniger Jahre hatte er eine einschneidende Veränderung erfahren: Er war von einem Rockmusiker zu einem Missionar der Mormonen geworden. Nach der Mission setzte er sein Studium an der Eastman School of Music fort. Dort machte er dann seinen Master-Abschluss und erlangte die Doktorwürde.

Mit inzwischen 58 Jahren hat Richard Elliott noch immer ein Gespür für mitreißende Aufführungen, was dazu beigetragen hat, dass er als Organist ebenso respektiert wie sehr beliebt ist. Beispielsweise ist sein Solo-Arrangement von "Go Tell It on the Mountain" auf YouTube mittlerweile schon knapp eine Million Mal aufgerufen worden. Zur Überraschung und Begeisterung des Publikums spielt Elliott den Großteil des Liedes mit seinen Füßen. Mit geradezu athletischer Geschicklichkeit spielt er mit dem rechten Fuß die recht schnelle Melodie und mit dem linken die Basslinie. "Ich will die Orgel zum Tanzen bringen", sagt er. Da stellt sich die Frage, ob dieser Sinn für einen gelungenen Auftritt nicht doch etwas mit seinen Jugendjahren auf der Bühne zu tun hat. Aber wie dem auch sei - dass er wie ein Rockstar auftritt, hat einem sonst wenig beachteten Instrument einiges an Begeisterung eingebracht.

Und genau das ist Elliotts Absicht. "Ich wollte schon immer andere für die Orgel begeistern", sagt er. Elliott führt eine Art Feldzug gegen das von der Popkultur ausgelöste Negativimage seines Lieblingsinstruments. "Viele bringen die Orgel nur mit Kirche und Beerdigungen in Verbindung. Dass sie immer nur zäh und getragen klingt, ist eine recht verbreitete Ansicht. Selbst in Hollywood-Filmen untermalt die Orgel oft zwielichtige oder gruselige Gestalten, wie zum Beispiel im Phantom der Oper." Die Orgel sei aber nicht immer derart verschmäht worden, sagt er. "Ein Blick in die Vergangenheit offenbart, dass sie ein sehr angesehenes Instrument war. Mozart nannte sie den ‚König der Instrumenten‘. Zu seiner Zeit galten die mechanische Uhr und die Pfeifenorgel als die beiden beeindruckendsten technischen Errungen¬schaften." Für Elliott ist es ein Lebensziel, der Orgel ein bisschen vom Glanz früherer Tage zurückzuerobern. Seine Fans würden ihm sicher bestätigen, dass er dabei ziemlich erfolgreich ist.

Die Freude an der Orgel fördert Elliott nicht zuletzt dadurch, dass er moderne Klänge und Melodien in seine Musik einfließen lässt. In seiner Freizeit hört er jedoch nur selten Orgelmusik. Lieber hört er sich in einer Vielzahl anderer Musikrichtungen um und überträgt diese dann in seinen eigenen Stil. "Man muss sich meiner Meinung nach wirklich viel mit anderer Musik beschäftigen, um ein guter Organist zu sein. Auf diese Weise lerne ich jedenfalls viel eher, der Orgel mehr Ausdruckskraft zu verleihen, als wenn ich nur Orgelmusik hören würde", erklärt Elliott. Die Inspiration, die er aus all den verschiedenen Genres bezieht, ermöglicht es ihm, dem Durchschnittshörer einen Zugang zur Orgelmusik zu eröffnen. Die so gewonnene Bandbreite führte zum Beispiel zu den beliebten Arrangements "Go Tell It on the Mountain" und "Swing Low, Sweet Chariot" – zwei Stücke, die von Jazz-Elementen leben. In seinem Arrangement von "Holiday Hoedown" nutzt Elliott den Klang und die Spielweise der Fidel in der Country-Musik, um ein Weihnachtslied nach Wildem Westen klingen zu lassen.

Jeder, der schon einmal beim jährlichen Weihnachtskonzert des Chores oder auf einer Konzertreise ein Orgelsolo von Elliott gehört hat, wird bestätigen, dass da keine Langeweile aufkommt. Immer wieder springt das Publikum begeistert auf und spendet donnernden Applaus – eine Folge von Elliotts erstaunlicher Beweglichkeit an den Tasten und an den Pedalen und der genialen Arrangements, die zum Großteil von ihm selbst stammen.

Elliotts Fähigkeiten als Vortragskünstler und seine das Genre übergreifenden Experimente qualifizieren ihn in einzigartiger Weise dazu, den Tabernakelchor auch für ein jüngeres Publikum attraktiv zu machen.

Der Musikdirektor des Tabernakelchors, Mack Wilberg, sagt: "Rick ist zweifelsohne ein Genie. Er spielt die Orgel so meisterhaft, als sei sie nichts weiter als eine Verlängerung seiner Arme und Beine. Ich glaube, er wurde für dieses Instrument geboren." Elliott wird von vielen seiner Kollegen hoch gelobt, darunter Frederick Swann von der Crystal Cathedral und Michael Barone, der Moderator der Radiosendung Pipedreams.

Seit 1991 ist Elliott als Vollzeitorganist des Tabernakels tätig, und seit 2007 ist er Erster Organist des Tabernakelchors. Mit einem Team von vier weiteren Organisten teilt er sich die Aufgaben in einem umfangreichen Terminkalender. Gemeinsam bestreiten sie jeden Tag Orgelaufführungen im Tabernakel (im Sommer sogar zwei Aufführungen am Tag) und die wöchentliche Übertragung der bekannten Sendung Music and the Spoken Word. Außerdem spielen sie die Orgel bei der alle sechs Monate stattfindenden Generalkonferenz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Über seine Aufgaben am Tempelplatz hinaus gibt Elliott auf der ganzen Welt Konzerte. Seine Konzertreisen haben ihn schon zu einigen der bedeutendsten Veranstaltungsorte auf der Welt geführt.

Wenn er mal nicht die Orgel spielt, geht er gern mit seiner Familie wandern oder fährt Achterbahn (was weniger bekannt ist). Richard Elliott ist mit Elizabeth Cox Ballantyne verheiratet, einer sehr begabten Pianistin. Auch ihre beiden Söhne spielen Klavier und andere Instrumente.

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Hinweis an Journalisten:Bitte verwenden Sie bei der Berichterstattung über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bei deren ersten Nennung den vollständigen Namen der Kirche. Weitere Informationen hierzu im Bereich Name der Kirche.