Als Susan Yost und ihr Mann G. Fred Yost Anfang 2018 in Frankfurt am Main ankamen, war das schon der Beginn ihrer zweiten Mission in Europa für die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Mit ihrer Rückkehr wurden alte Erinnerungen an ein Ereignis wach, das sie und einige ihrer Freunde als ein Wunder bezeichnen.
Heute beraten Elder Yost und seine Frau Missionspräsidenten im gesamten Gebiet Europa. Von 2004 bis 2007 war Elder Yost jedoch selbst Missionspräsident. Er und seine Frau waren in der Tschechisch-Slowakischen Mission tätig, damals noch Tschechien-Mission Prag.
Als Elder Yost und seine Frau 2004 in der Slowakei ankamen, war die Kirche dort noch nicht offiziell anerkannt. Diese Anerkennung war aber unerlässlich, wenn die Kirche weiter wachsen und ihre Mission erfüllen sollte. Erst nach erfolgter Anerkennung konnte sie Grundstücke pachten oder kaufen, bei einer Bank ein Konto eröffnen, ausländische Missionare unterstützen, wichtige religiöse Zeremonien wie Hochzeiten und Beerdigungen durchführen und ohne gesetzliche Einschränkungen Missionsarbeit betreiben.
Das Problem war eine gesetzliche Auflage, wonach 20.000 slowakische Bürger gefunden werden mussten, die bereit waren, einen Antrag auf Anerkennung der Kirche zu unterschreiben. Dabei musste man zur Unterschrift noch seinen vollständigen Namen, die Adresse und die staatliche Registrierungsnummer angeben. Wegen ihrer Erfahrungen in der jüngeren Vergangenheit waren viele Leute in der Slowakei nicht gerne bereit, diese Informationen preiszugeben. Trotzdem entschlossen sich 2006 die Führer der Kirche, das Antragsverfahren einzuleiten, und beauftragten Jonathon Tichy damit, sich der Sache als Direktor und Anwalt anzunehmen.
Tichy brachte die perfekten Voraussetzungen für diese Aufgabe mit. Er war zwar Amerikaner, hatte aber slowakische Vorfahren und war schon in der damaligen Tschechoslowakei auf Mission gewesen. Seine Frau war Slowakin. Ende der 90er Jahre hatte er in Prag gearbeitet und persönliche Beziehungen zu wichtigen Regierungsvertretern in Tschechien und der Slowakei geknüpft.
Die Kirche beauftragte im August zunächst eine Gruppe professioneller Unterschriftensammler damit, die 20.000 erforderlichen Unterschriften einzuholen. Bis zum Ende der ersten Woche waren jedoch nur 200 Unterschriften zusammengekommen. Die Bemühungen wurden eingestellt.
Am 1. September 2006 hielt Präsident Yost eine besondere Missionskonferenz ab und kündigte an, dass alle Missionare der Tschechien-Mission Prag in der folgenden Woche in die Slowakei reisen sollten, um bei der Unterschriftensammlung zu helfen. Susan Yost: "Das Gefühl im Raum war unglaublich. Der Heilige Geist war sehr stark zu spüren. Als wir vom Podium aus diesen Missionaren ins Gesicht blickten, sahen wir ihnen an, dass sie auf diese Aufgabe vorbereitet waren. Wir hatten keinerlei Zweifel, dass sie erfolgreich sein würden. Für den Sonntag war ein besonderer Fastentag geplant. Wir brauchten die Hilfe des Herrn."
Am 4. September begannen etwa 80 junge Missionare mit der Unterschriftenaktion. Susan Yost erinnert sich an einen jungen Missionar, der gerade erst angekommen war. Er konnte nur einen Satz auf Tschechisch sagen: "Ich weiß, dass Gott lebt." Wenn er auf die Unterschriftenliste zeigte, fragten ihn die Leute: "Was meinen Sie? Wovon reden Sie?" Dann sagte er wieder: "Ich weiß, dass Gott lebt."
Susan Yost berichtet: "Und sie haben unterschrieben. Es war nur ein einfaches kleines Zeugnis, doch sie haben es gemerkt und wurden berührt. Es war wirklich ein Wunder. Jeder, der an dieser Aktion teilnahm, spürte die Macht des Herrn - sie zeigte sich jeden Tag, Minute für Minute."
Nachdem Tichy die erforderlichen Unterlagen vorbereitet und eingereicht hatte, begleitete er am 18. Oktober 2006 Elder David A. Bednar vom Kollegium der Zwölf Apostel, der auch Vorfahren aus der Slowakei hat, zu einem Treffen mit Dr. Jan Juran, dem Direktor des Amtes für religiöse Angelegenheiten in der Slowakei. Dr. Juran teilte ihnen offiziell mit, dass dem Antrag stattgegeben wurde und die Kirche registriert worden sei.
Tichy erinnert sich: "Wir waren überwältigt von der unglaublichen Unterstützung durch Menschen anderer Glaubensrichtungen, die zur Unterschrift bereit waren, um der Kirche bei ihrem Antrag auf Anerkennung zu helfen. Wir dachten zunächst, dass unsere Bemühungen sechs bis acht Wochen oder mehr in Anspruch nehmen würden, falls sie überhaupt erfolgreich sein sollten, aber dann kamen innerhalb von nur sieben Tagen, an denen wir aktiv Unterschriften gesammelt haben (vier Tage in der ersten Woche und drei Tage in der Woche danach) über 33.000 zusammen."
Petr Valniček, der damalige Zweigpräsident in Bratislava und Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit der Kirche in der Slowakei, erinnert sich: "Es war eine Zeit voller Wunder. Mit etwas Hoffnung und Glauben wurde Einfaches getan, um Großes zu erreichen. So ist es in unserem täglichen Leben. Wie oft versuchen wir, etwas alleine zu regeln, aber wenn wir so viel Hoffnung und so viel Glauben wie in diesem Fall haben und zulassen, dass uns der Vater im Himmel hilft, lässt er Großes zustande kommen."